Das Schreiben der eigenen Biografie liegt im Trend. Immer mehr Menschen möchten Ihren Kindern und Enkeln etwas hinterlassen, das bleibt und das erklärt. Anders als noch vor Jahrzehnten haben wir heute, in Zeiten immer schnellerer Kommunikation, meist nur noch wenig Raum für Gespräche und Geschichten aus vergangener Zeit. Und da die Sehnsucht danach unverändert groß ist, kann eine Biografie hier Lücken schließen. Im Oktober 2017 führen Sonja und Rüdiger Lehmann durch ein Autorenseminar, das dem Aufschreiben der eigenen Geschichte Raum und Format gibt.
Warum ist die eigene Geschichte vielen Menschen so wichtig?
Sonja Lehmann: Wenn wir anderen Menschen von uns erzählen, wissen wir zum Schluss immer auch ein Stück weit mehr über uns selbst. Weil wir nach vielen Jahrzehnten häufig den roten Faden unserer eigenen Geschichte verloren haben und damit auch den Sinn für deren Wirkung auf andere, meist jüngere Menschen in unserem Umfeld.
Ist das alles in Zeiten der sozialen Medien noch zeitgemäß?
Rüdiger Lehmann: Ganz klar Ja, denn die vielen Geschichten aus Film und Internet lassen die eigene Biografie eher ins Abseits geraten. Es gibt trotz unzähliger Facebookfreunde nur wenige echte Adressaten dafür. Was dort abläuft ist eher anonym und kurzlebig, so dass echte Verbundenheit mit anderen nicht wirklich stattfindet. Wer sich dagegen im autobiografischen Schreiben auf die Reise zu sich selbst macht, wird mit einem Gefühl der Ganzheit und des Ankommens belohnt, das viel Aufmerksamkeit bei anderen findet.
Wer schreibt heute sein Leben auf?
SL: War es bis vor ein paar Jahren noch vor allem die Kriegsgeneration, die den Wunsch verspürte, sich das eigene Leben rückblickend zu erklären, kommen jetzt die späteren Jahrgänge mit ihrem Mitteilungsbedürfnis hinzu. Interessante Lebensverläufe mit Höhepunkten und Brüchen gibt es ja auch in den ärmlichen und braven 50er Jahren, den satten und gleichzeitig revolutionären 60ern und den wilden 70er Jahren.
Ist es nicht besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen und im Hier und Jetzt zu bleiben?
SL: Gerade das Hier und Jetzt profitiert am meisten von einer Biografie. Und zwar nicht nur beim Autor, sondern auch bei den Lesern. Dinge wie vermeintliche Geheimnisse und Verantwortungen bekommen oft ein neues Gesicht und wirken damit direkt auf das, was gerade aktuell geschieht. Und auf das, was in Zukunft noch geschehen wird.
Hat das ganze damit auch eine therapeutische Seite?
RL: Grundsätzlich führt das Schreiben der Biografie fast immer auch dazu, sich noch einmal den Wendepunkten des Lebens, existenziellen Krisen und diversen Neuanfängen bewusst zu werden. Wir stehen dabei für die schreibhandwerkliche praktische Umsetzung in den Bereichen Planung, Strategischer Aufbau, kreative Schreibtechnik, Stil und Fertigstellung. Wenn danach jemand den persönlichen Blickwinkel auf die Dinge seines Lebens schärfen oder verändern konnte, ist das für uns immer ein schönes Ergebnis.
Hat der Gedanke ein Buch zu schreiben für viele nicht eher etwas beängstigendes?
SL: Da muss man genau differenzieren, Buch ist heute ein weiter Begriff. Von 1000 Seiten Dostojewski geht wohl niemand aus, eher von etwas zwischen Büchlein, Heft, Broschüre oder auch E-Book. Der Durchschnitt wie wir ihn kennen liegt zwischen 120 und 160 Seiten. Wie man es dann später nennt ist zunächst noch Nebensache.
Infos zum Seminar „Die Kraft der eigenen Biografie“ finden Sie hier…